Das Problem mit… Life is Strange

Diese letzte Entscheidung wird im Spiel als ein moralischer Konflikt präsentiert. Das Wohl Vieler gegen das Wohl Einzelner, mit dem besonderen Kniff, dass man als Spieler sowohl mit den Vielen, als auch mit der Einzelnen eine persönliche Verbindung hat. Anders als an vielen anderen Stellen im Spiel, gibt es zwei klare Optionen mit klaren Konsequenzen, es liegt am Spieler zu entscheiden. Das ganze Spiel, all die Stunden mit Chloe und den restlichen Bewohnern von Arcadia Bay gipfeln am Ende in der undankbaren Entscheidung wen man sterben lässt.

Auch wenn ich an anderer Stelle Kritik an dieser Struktur gelesen habe, gefällt mir diese Prämisse sehr gut. Sie dient dazu einen Schlussstrich zu ziehen und das gesamte Spiel noch einmal vor dem inneren Auge Revue passieren zu lassen. Die finale Entscheidung untergräbt nicht die vorher getroffenen, sie baut auf ihnen auf und macht sie schwieriger. Zumindest war das der Plan. Als Spieler hatte ich ein ganz anderes Problem: Die Entscheidung und ihre implizierten und schließlich auch realen Konsequenzen sind unlogisch. Die moralische Frage war nebensächlich. Die Entscheidung, die ich am Ende treffen musste war: Ich oder das Spiel. Bevor ich weiter darauf eingehe möchte ich die letzte Entscheidung in den entsprechenden Kontext setzen.

Ein schrecklicher Sturm tobt, als wir unsere Entscheidung treffen müssen. Wir stehen auf einer Klippe etwas außerhalb der Küstenstadt, die wenige Minuten vor der totalen Zerstörung durch einen Tornado steht. Ihr wusstet, dass der Sturm kommen würde, ihr saht ihn in einer Vision. Viel schlimmer, je näher der Sturm rückte, desto deutlicher wurden die Zeichen, dass ihr Schuld seid an diesem Sturm. Auch wenn es sich wie eine Ewigkeit anfühlte, angefangen hatte das Ganze vor nicht mal einer Woche auf der Frauentoilette der Blackwell Academy, als Max Zeugin wurde wie Nathan Chloe mit einer Waffe niederschoss. In diesem Moment entdeckte Max ihre unglaubliche Fähigkeit die Zeit zurück zu drehen und getroffene Entscheidungen rückgängig machen zukönnen. Max rettet also Chloe und die einst entzweiten Freundinnen finden schnell wieder zusammen. In den nächsten Tagen häufen sich sonderbare Wetterphänome, Vögel beginnen tot vom Himmel zu fallen und sogar mehrere tote Wale werden an den Strand gespült. Anzeichen für den drohenden Sturm. Im Laufe der kommenden Woche entdeckt Max eine weitere unglaubliche Fähigkeit, wenn sich nur stark genug auf alte Polaroid-Bilder konzentriert, kann sie in die Vergangenheit reisen und mit ihrem Wissen in ihrem damaligen Körper die Vergangenheit verändern. Dies hat weitreichende Folgen, was wir in Episode 3 und 4 von Life is Strange am eigenen Leib zu spüren bekommen. 

Die Fähigkeit mithilfe von Bildern in die Vergangenheit zu reisen und diese zu verändern ist dann auch das Fundament für die finale Entscheidung. Denn wenige Minuten bevor Max ihre Zeitreisefähigkeit entdeckte, hat sie ein Foto von einem blauen Schmetterling geschossen, der durch das offene Fenster in die Frauentoilette geflogen kam. Dieses Bild zieht Chloe nun aus ihrer Tasche, sie hatte darum gebeten das Bild als Erinnerung behalten zu können. Mit Tränen in den Augen bittet sie euch zurückzugehen und sie sterben zu lassen, anstatt etwas zu unternehmen. Wenn Max nie ihre Kräfte eingesetzt hat, dann gibt es auch keinen Sturm und Arcadia Bay ist gerettet. 

  Das Video oben zeigt beide Enden hintereinander. Zuerst das „Opfere Arcadia Bay“-, danach das „Opfere Chloe“-Ende. Für alle Details schaut man sich am besten das Video an, für die Kurzform: Es kommt alles wie angekündigt. Entscheidet man sich dafür die Stadt zu opfern zerreißt Max das Bild, der Sturm zieht über die Stadt hinweg und legt alles in Schutt und Asche. Am Ende fahren Max und Chloe durch die Überreste der Stadt hinein in eine ungewiss Zukunft. Entscheidet man sich letztlich aber doch dafür Chloe zu opfern, reist Max mit Hilfe des Bildes in die Vergangenheit und wird unter Tränen in ihrem Versteck ein weiteres Mal Zeugin vom Tod ihrer Freundin. Es folgt eine Montage in der alles zum Besten gelöst wird und am Ende fliegt ein blauer Schmetterling über den Himmel auf Chloes Beerdigung.

Jetzt zu meinen Problemen…